Tensegrity besser verstehen:

Ein Flummi erklärt das Konzept (Artikel 3 von Thies Böttcher)


Um keine Verwirrung aufkommen zu lassen: Ein Flummi ist natürlich kein tensegrales System. Die dynamischen Eigenschaften entstehen rein durch das Material.

Ein tensegrales System kann nicht mit solch einem Material aufweisen, die Struktur und der Materialmix (Zugseile und Druckstäbe) sorgen hingegen für ähnliche Fähigkeiten.

Das Beste daran: Wir haben alle schon mit einem Flummi gespielt und durften die Eigenschaften kennen lernen. Also los, lasst uns Flummi spielen.


Der Flummi bei der Arbeit:

Ein Flummi benötigt nur zwei Dinge, um glücklich zu sein. Die Schwerkraft um zu beschleunigen und einen festen Untergrund, welcher das Abprallen erlaubt. Auf dem Weg zum Boden findet die Beschleunigung statt. Im Moment das Aufprallens kommt es zur Entschleunigung und gleichzeitigen Energieaufladung des Systems. In der letzten Phase wird die ins Gesamtsystem geladene Energie wieder abgegeben- der Flummi hüpft zurück. Allerdings fehlt ihm jetzt etwas an Höhe, um an die alte Position zu kommen. Reine Physik. Er benötigt noch etwas Unterstützung. Weiterhin wissen wir: Je nach Material hüpfen Flummis mal besser und mal schlechter.

 

Der Pferdekörper verhält sich genauso. Das eigentlich interessante findet immer am Boden statt: Pufferung und Ladung mit anschließender Abgabe der Energie. Die Speicherung der Energie geschieht dabei in den Faszien im Großen wie im Kleinen. Bereits die Muskelfaser enthält Elemente, die für die Anspannung und Kontraktion zuständig sind (Aktin und Myosin) als auch passive Elemente, welche gedehnt werden, Energie speichern und wieder abgeben - das Eiweiß Titin. Es sind also nicht nur die Sehnenstrukturen, wie man lange Zeit gedacht hat.

 

In aller Munde ist mittlerweile auch der Rumpfträger des Pferdes. Dieser zeigt das tensegrale System im Großen. Die Vorderbeine des Pferdes sind über Muskeln und Faszien mit dem Rumpf verbunden ohne knöcherne Verbindung. Dysfunktionen dieser Konstruktion führen sehr oft zu Rücken- und Vorhandproblemen und auch die Hinterhandmotorik wird gestört (dazu gibt es noch einen Extra-Artikel).

 

Die Muskelfasern selbst sorgen für den Extra-Kick, um den angesprochenen Energieverlust auszugleichen. Je besser das Fasziensystem funktioniert, desto weniger Muskelkraft wird benötigt. Unser Flummi hüpft in dem Fall besonders gut. Je schlechter die Hüpfeigenschaften, desto mehr Muskelarbeit muss aufgewendet werden.

 

Erste Schlussfolgerungen

Wir erkennen hier bereits einige wichtige Punkte, die man im Training zu berücksichtigen hat. Ein guter Boden ist entscheidend. Gibt dieser den Druck nicht zurück und ist zu tief, ist ein gutes, dauerhaftes Training nicht möglich. Wenn ihr selbst nicht auf dem Reitplatzboden laufen mögt, ist er für das Pferd auch nicht geeignet. Ein Flummi am Strand macht keinen Spaß.

 

Relevant ist die Beinaktion am Boden. Dort wird Kraft aufgenommen, gepuffert und verwaltet. Die Hangbeinphase sollte Resultat der Bodenphase sein. Ein reines Hochziehen der Beine in die Luft sieht zwar spektakulär aus, ist aber eher Schau. Achtet auf die wichtige Phase.

 

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